03.03.2010 - Theater Fabrik Leipzig

Konzertbericht von Deutsche-Mugge.de
Bericht: Fred Heiduk
Fotos: Sebastian & Matthias Ziegert (Livebilder)
Herzlichen Dank dem Verein "Musik aus Deutschland" -
Deutsche Mugge, 1. Vors. Christian Reder, für die Genehmigung zur Übernahme von Artikel und Fotos
Gelegentlich geschehen doch noch kleine Wunder. So an einem Mittwochabend in Leipzig. Am 3. März war in der Theaterfabrik Leipzig ein Weltstar zu einem Klubkonzert zu Gast. Vor etwa 200 begeisterten Zuhörern spielte David Knopfler mit seinem kongenialen musikalischen Langzeitpartner Harry Bogdanov in einer der vielleicht interessantesten Kulturadressen Leipzigs. Der Saal der Theaterfabrik ist einfach perfekt ausgestattet für ein derartiges Ereignis. Eine fantastische Musikanlage, eine gewaltige Bühne, eine perfekte Lichtanlage, viel Platz auch für ein größeres Publikum, ein gepflegtes Umfeld und eine super Crew um einen echten Enthusiasten und Typen, Roy Meissner.
Nachdem sich nach und nach der Bühnensaal richtig gefüllt hatte, betraten David Knopfler und Harry Bogdanov gegen 20:00 Uhr sehr pünktlich die Bühne. Ein freundliches "Hallo" kam von der Bühne. Bogdanov nahm für das erste Lied hinter den E-Piano Platz. Knopfler griff sich eine der vier auf der Bühne platzierten Akustik- und Konzertgitarren. Die 12-Saiter, die er wählte, blieb übrigens auch für den Rest des Konzerts sein Hauptinstrument. Als Perfektionist prüfte er noch einmal die Stimmung seines Arbeitsgeräts, erzählte, während er die eine oder andere Saite noch etwas korrigierte, dass es ganz komisch sei mit diesen Instrumenten. Damit meinte er wohl das Stimmgerät, das er verwendete. Jedenfalls lockerte er damit die Spannung im Saal und dann legten die beiden los.
Die ersten Töne kamen etwas zu laut, doch hatte das die Technik sofort im Griff. Dem Publikum konnte man die Anspannung geradezu anmerken. Was würde Knopfler jetzt spielen? Nicht wenige der Anwesenden werden nicht wirklich genau gewusst haben, welche Art Musik David Knopfler heute und im Grunde schon seit Jahren macht. Aus meiner Sicht ist das der lyrische, gefühlvolle Teil des Dire Straits-Sounds, den er zur Perfektion weiterentwickelt hat. Unglaublich mit wie wenig der Mann da vorn auf der Bühne ganz große Gefühle erzeugen kann. Mal malt er mit wenigen Tönen Alltagsgeschichten, mal mahnt er eindringlich in einem Titel, um danach geradezu versonnen seine Gedanken mit dem Publikum zu teilen. Das alles wird vor allem mit dem Spiel der beiden Musiker transportiert, die sich genial ergänzen. Dazu die Stimme Knopflers, die immer wieder ganz genau die der Dire Straits zu sein scheint, obwohl er da ja fast nicht sang. Davids Stimme ist etwas weicher als die Mark Knopflers, seines Bruders und Frontmanns eben jener Dire Straits. In einigen Passagen erschien er mir ein wenig Probleme mit den ganz hohen Tönen zu haben, aber das mag an der Tagesform oder meiner Einbildung gelegen haben. Bogdanov wechselte nach dem ersten Titel das Instrument und spielte fortan eine unglaublich gute Gitarre. Er kehrte nur noch einmal ans Piano zurück.
Titel für Titel ergriffen die beiden Musiker mehr das Publikum, nahmen es mit in ihre Geschichten. Grandios was für eingängige Melodien Knopfler mit wenigen Tönen zu zaubern vermag. Er weiß ganz genau was er kann und wie er damit die beabsichtigte Wirkung, Gefühle zu transportieren und zum nachdenken anregen, erzielt. Dabei muss man immer wieder bedenken: da standen nur zwei Musiker mit Gitarren, gelegentlich dazu mit einem E-Piano und einer Mundharmonika auf der Bühne. Dennoch gelang es ihnen, von der ersten bis zur letzten Sekunde das Publikum zu fesseln. Teilweise herrschte geradezu andächtige Stille. Besonders in Melodieteilen, die ihre Wirkung durch einzelne konträr zur eigentlichen Melodie, aber punktgenau gesetzte Töne des zweiten Instruments erhielten. Die meisten Melodien Knopflers kommen mit wenigen Akkorden, einer oft genialen da einfachen Hookline und einigen Bridges aus, und werden durch einige wenige Variationen oder geschickte Arrangements zur Perfektion geführt. Dabei ist es unerheblich, ob sich Knopfler irisch-schottischer Folkloreelemente bedient, ob er Anleihen im Blues aufnimmt, ob er bewusst poppig daherkommt, oder sich anderer Stilistiken bedient. Er tut es immer passend zur Geschichte die er erzählt, die dadurch allesamt an Eindringlichkeit gewinnen. Ich behaupte, selbst die, die die Texte nicht perfekt verstanden haben, konnten aus der Art zu musizieren erkennen, welche Gedanken dem jeweiligen Titel innewohnen. In der Art ist mir das eigentlich noch nirgendwo begegnet. Ein wahrer Songpoet, der seine Vorbilder wie Bob Dylan oder Joni Mitchell nicht verleugnet und dennoch eine ganz eigene Art zu musizieren hat. Sicher spielt dabei auch sein brillantes, supersauberes Gitarrenspiel eine Rolle. Knopfler zupft zum größten Teil die Saiten, schlägt sie nur selten voll an. Noch seltener benutzt er ein Plektrum zum Spielen. Er schafft es dennoch oder gerade darum, der Gitarre wunderbare Töne zu entlocken und die gespielten Melodien häufig durch einzelne regelmäßig angerissene Töne auf dem ersten oder letzten Ton eines Taktes besonders interessant zu machen. Obwohl er immer wieder ähnliche Mittel anwendet, wird das nie langweilig. Auch seine selten opulente, eher verhaltene Spielweise beeindruckt. Er hat es schlicht nicht nötig, laut zu werden. Dennoch haben die einzelnen Stücke Dynamik und eine ungeheure Intensität.
Wenn Musik lyrisch sein kann, dann ist es die von David Knopfler. Die Namen der einzelnen Stücke die an diesem Abend gespielt werden, sind wohl weniger wichtig als die Bemerkung, dass alte wie neue, noch nicht auf Tonträgern erschienene Titel gespielt wurden. Ein besonderes Highlight vor der Pause ist ein sehr alter Song: "Deptford Days", eine Hommage Knopflers an die Zeit vor dem großen Erfolg der Dire Straits, hätte wohl eigentlich von den Dire Straits gespielt werden sollen, aber Mark mochte es wohl nicht, so dass es nicht dazu kam. Eine weitere lustige Begebenheit war der Titel unmittelbar vor der Pause. Ein Popsong mit der Textzeile: "My heart goes boom when you cross the room". In Deutschland in die Kategorie Schlager einzuordnen, klingt das englisch mit Akustikgitarre sehr viel peppiger. In die Pause verabschiedet David Knopfler das Publikum mit dem Hinweis, jeder könne jetzt die Drogen nehmen, die er so brauche, gleich ob eine Zigarette oder ein Bier. Er brauche jetzt einen guten englischen Tee. In der Pause bestand die Möglichkeit sich mit CDs des bienenfleißigen David Knopfler zu versorgen, die er versprach, nach der Show zu signieren. So verging die Pause recht zügig und die beiden Musiker betraten zum zweiten Teil des Konzerts die Bühne.
Der zweite Teil läuft im wesentlichen ähnlich dem ersten Teil ab. Erwähnenswert sind vielleicht ein paar sehr schöne Titel, die der Multiinstrumentalist Knopfler nicht mit Gitarre, sondern am Piano spielt. Einer davon, dessen Namen ich allerdings nicht verstanden habe, entlockte nachdem es während des Titels mucksmäuschen still im Saal war, einen wahren Beifallssturm. Beim Titel "Easy street", einem etwas blueslastigen Gitarrentitel, versinkt Knopfler geradezu in seiner Musik. Etwas verwundert hat mich, dass sich im Hauptprogramm ein Dylan-Titel befand. Möglicherweise ähnlich "Deptford Days" hat Knopfler als Hommage an Bruce Springsteen, dessen Titel "Tougher than the rest" ans Ende des Programms gestellt. Zumal "Deptford Days" einige Parallelen zum Springsteen-Titel aufweist, selbst wenn die Melodien weitgehend verschieden sind. Jedenfalls endete damit das offizielle Programm. Der frenetische Beifall holte recht unprätentiös die beiden Musiker wieder auf die Bühne zurück, wo sie drei weitere Titel als Zugabe spielten. Der letzte ist der Joe South-Klassiker "Games people play". So endet nach etwa zwei Stunden ein grandioses Konzert, bei dem man mit geschlossenen Augen in jeder Sekunde hätte meinen können, da stünden die Dire Straits auf der Bühne, allerdings mit ihren balladesken Titeln.
David Knopfler und Harry Bogdanov sind ein fantastisch eingespieltes Duo, das sich musikalisch perfekt ergänzt und dem es mühelos gelingt, einen Spannungsbogen über zwei Stunden zu schlagen. Dass sie in der anschließenden Autogrammstunde sehr, sehr natürlich bescheiden und freundlich auftreten, macht sie noch sympatischer. Daran ändert auch nichts, dass David mir letztlich doch kein direktes Interview gab, sondern nach einigen Worten an seinen Tourmanager verwies. Aus dessen Mund war neben der Aussage, dass es derzeit keine echten Bemühungen zu einer Dire Straits-Reunion gäbe, zu vernehmen, dass im Herbst David Knopfler auf eine große Elekroniktournee gehen wird. Dabei wird neben erstklassigen Musikern auch eine extra für David Knopfler angefertigt E-Gitarre zu erleben sein. Die Termine für diese Tour sollte man sich, ebenso wie die letzten Auftritte des Duos in Ostdeutschland schon einmal vormerken, bevor es weiter in die USA geht. Ein paar Stunden sagenhaft gut gemachter Musik dürften jedem Besucher sicher sein.



