19.10.2011 Wendelstein, Jegelscheune
Rezension "Nürnberger Nachrichten" vom 24.10.2011
Poetische Klangoasen
Dire Straits-Gründungsmitglied David Knopfler begeisterte
WENDELSTEIN - Ein Weltstar in der kleinen Jegelscheune: David Knopfler, der zusammen mit seinem Bruder Mark Knopfler die bekannte britische Rockband „Dire Straits“ gegründet hatte, gastierte bei einem umjubelten Auftritt zusammen mit dem Gitarristen Harry Bogdanovs in der restlos ausverkauften Jegelscheune. ...
Balsam für die Seele ...
In einem ehemaligen Forsthaus mit Scheune baute man das gesamte Dachgeschoß zu einer gemütlichen Location im Balkenlook aus, in der schon manche Berühmtheiten konzertierten. Davon zeugen unzählige Fotos im Eingangsbereich. Bereits der Soundcheck ließ erahnen, dass zwei Vollblutmusiker auch besonders großen Wert auf eine edle Tonqualität – vor allem nicht zu laut – legen. Wohltuend, weil man die akustischen Gitarren nur leicht verstärken möchte. Jens am Mischpult bekam das ideal hin. Harry Bogdanovs nutzte ein auf der Bühne stehendes Klavier, um zum Aufwärmen äußerst virtuos einen Boogie durch die Klaviersaiten zu jagen.
Gegen 20 Uhr war die Jegelscheune gerammelt voll. Bevorzugt „reifere“ Musikinteressierte und ehemalige Dire Straits-Fans, aber auch nicht wenige junge Leute waren neugierig, erstmals in ihrem schönen Ort zwei Musiklegenden auf der Bühne live zu erleben. Wobei man David eines zugute halten muss: Er ist seit über 30 Jahren solo unterwegs. Gerade ist sein zwölftes (Doppel-)Album „David Knopfler with Harry Bogdanovs - Acoustic“ erschienen, das im September live und ohne aufgepepptem Schnickschnack in den Intimate Studios London eingespielt wurde und gerade noch rechtzeitig zur Tour erschien. Es enthält 18 Songs, davon sieben neue. Alle und noch einige mehr werden natürlich auf der Tour gespielt.
Nach seinem „Hello“ legten die Beiden los. David zelebrierte seine Songs mit einer zuweilen rauen, doch immer angenehmen Stimme und einer Hingabe, dass man die berühmte Stecknadel gehört hätte, wenn sie zu Boden gefallen wäre. Zwischendurch erzählte er immer wieder, wie er zu diesem oder jenem Song fand. So kann man viel Autobiographisches in seinen Stücken wiederfinden. Als ehemaligem Sozialarbeiter (das ging ihm in lupenreinem Deutsch über die Lippen!) ist es ihm ein besonders wichtiges Anliegen, sich für Gerechtigkeit und sozial Schwache zu engagieren. Wenn man seine Facebook- und Twitter-Beiträge verfolgt, erkennt man sofort, dass er auch politisch hellwach ist und sehr fundierte Beiträge zu aktuellen Themen postet. George W. „Bloody“ Bush, wie er ihn mehrmals nannte, hat es ihm seit Jahren immer wieder „angetan“. Gesellschaftliche Missstände prangert er nicht nur in den Medien, sondern auch in etlichen Songs an. Zwischendurch erzählte er mit einem Augenzwinkern von einem Londoner Stadtviertel, „ …where dogs have three legs and rats have three heads“. „Underland“ heisst das bei ihm.
Das Zusammenspiel war perfekt: David an einer Vielzahl von edlen Gitarren oder am Keyboard. Ebenso Harry Bogdanovs, der schon mit Westernhagen, Elton John und anderen Musikgrößen unterwegs war. Er bereicherte mit seinem genialen Gitarrenspiel und meist mit geschlossenen Augen die Songs in idealer Weise. Man verstand sich buchstäblich „blind“. Beides, die Stimme von David und die beiden Gitarren ergeben eine besonders stimmungsvolle Mischung, die faszinieren musste.
Nach der Pause, in der die Fans vor allem nach der neuen CD anstanden und sich bei Speis und Trank auf den zweiten Teil freuen durften, wurden die Songs rockiger und luden zum Mitklatschen und –singen ein. Das letzte Stück des offiziellen Teils „Easy Street“ wurde laut bejubelt, weil es von der Struktur doch ein bisschen an die alten Tage erinnert. Genau wie „Wild West End“, dem einzigen Dire Straits-Titel aus der allerersten LP, der von David interpretiert, aber von seinem Bruder Mark komponiert wurde.
Fast schon traditionell beendete David das Konzert mit Coversongs. Der erste war „Games People Play“ (Joe South), der andere „Tougher Than The Rest“, ein Bruce Springsteen-Song. Das war sozusagen das I-Tüpfelchen auf einen gelungenen Abend.
Nach dem über zweistündigen Konzert gaben David und Harry bereitwillig Autogramme auf die CDs und hatten für jeden ein paar nette Worte übrig.
Weltstars zum Anfassen gibt es nur wenige, David und Harry sind zwei davon …