Aus der "Rhein-Zeitung"
"Morning in Iowa": Lesung mit Musik auf dem Gitarrenfestival Koblenz
Koblenz Mit dem Projekt "Morning in Iowa" zeigt das Koblenzer Gitarrenfestival: Poesie und Tonkunst harmonieren aufs Beste. Text, Komposition und Interpretation stimmen beim Samstagabendkonzert in der Rhein-Mosel-Halle.
Die Dichtung stammt vom US-Autor Robert Nathan aus dem Jahr 1944. Die Musik dazu schrieb 1953 der gebürtige Italiener Mario Castelnuovo-Tedesco, einer der gefragtesten (Solo-)Gitarrenkomponisten seiner Zeit. Eine Uraufführung gab"s erst 2008 in Italien. Lorenzo Micheli hatte die Noten 2006 wiederentdeckt.
Nun feiert es auch in Deutschland Premiere. Mit dabei ist erneut David Knopfler. Der Mitbegründer der Dire Straits kann mehr als nur folkigen J.-J.-Cale-Sound spielen. Der 56-jährige Brite steht seit 1980 auf eigenen Solofüßen, präsentiert sich als sensibler Songwriter und weiß mit literarischen Texten umzugehen.
Die Geschichte, die Knopfler erzählt, handelt vom Mythos, vom "American Way". Vom Siedlergeist, von Kühen und Korn, von unerfüllten Wünschen und Frustrationen junger Menschen, von Kit, dem Cowboy aus dem Westen, und Mary, der bürgerlichen Tochter aus dem Osten. Der Zufall will"s, dass sie sich in der Mitte des Landes der "unbegrenzten Möglichkeiten" treffen. Unerwartete Liebe beim Sonnenaufgang in Iowa. Knopfler gibt sich mal knarzig, dann wieder entspannt lächelnd. Er kann sich jederzeit auf das italienische Sextett verlassen.
Lorenzo Micheli greift souverän in die akustischen Saiten - weniger ist mehr. Ebenso agieren die Kollegen an den anderen Instrumenten. Leiter Massimo Felici hat das Ganze fest im Blick, die Choreografie stimmt. Sein gelegentlicher Griff zum Banjo zeigt: Wir sind im Westerngebiet! Nur dass einfaches Nashville-Gezupfe hier kein Chance hat. Für wehmütiges Flair sorgt Giorgio Dellarole mit seinem Akkordeon.
Daniele de Pascalis glänzt auf dem Kontrabass im jazzig angehauchten Spiel und streicht ebenso gekonnt klassisch den Bogen. Für feine Percussion, vom lauten Paukenschlag über filigranes Getrommel bis zum monotonen Militärschlagwerk, sorgt Daniele Vineis.
Mal begleiten die Musiker den Aufbruch der Kuhtreiber mit Verve, dann lassen sie Landschaften in ruhiger Intonation vorbeiziehen, während der Vorleser besonders poetische Parts im Sprechgesang mitteilt. Kommt die Sprache auf den Mississippi, greift Angelo Montanaro, der sonst die Klarinette virtuos bedient, zum Saxofon, um dem Blues zu blasen. Melodischer Rap, auch das kommt aus Knopflers Mund. Dazu Musik aus der nicht mehr so neuen Welt, die unterschiedliche Strömungen aufsaugt: Amerika vom Country über Jazz bis zur Klassik. Alles findet sich wieder, passend zu den jeweiligen Textpassagen.
Riesenapplaus. Und eine schöne Extrazugabe: Knopflers "The Great Devine". Folk, von E-Musikern veredelt.
Michael Schaust
Mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Zeitung